Bierwisch & Kistler

Rechtsanwälte Partnerschaft

Erbrecht

Die Erfahrung im Erbrecht zeigt, dass es häufig an einer erbrechtlichen Vorsorge fehlt, so dass die Nachkommen oder der Ehegatte ungesichert sind und des öfteren über des Erbe gestritten wird.

Nur mit einer durch ernsthaftes Bemühen erstellten, rechtzeitigen Regelung kann das oft mit großen Mühen erarbeitete Vermögen langfristig im Sinne des Erblassers für die nächste Generation erhalten bleiben.

 

Tierheim als Schlusserbe eines Ehepaars

Jörg Bierwisch 16.01.2019
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Der Entscheidung des OLG München lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein kinderloses Ehepaar errichtete 2004 handschriftlich ein gemeinsames Ehegattentestament, mittels welchem sich die Eheleute gegenseitig als Alleinerben einsetzten. Sog. Schlusserbe des überlebenden Ehegatten sollte eine juristische Person, namentlich der Trägerverein eines Tierheims, sein. Nach dem Tod des Ehemannes errichtete die Ehefrau 2015 jedoch ein neues notarielles Testament, in welchem das Tierheim nicht mehr erwähnt wurde. Das OLG München hatte nun zu entschieden, ob die Ehefrau das gemeinsame Testament aus dem Jahr 2004 überhaupt noch abändern konnte. Dies wäre, und so die Auffassung des Tierheims, nicht der Fall, wenn das Testament aus dem Jahr 2004 sog. wechselbezügliche Verfügungen enthalten würde und somit bindend wäre. Dabei versteht man unter wechselbezüglichen Verfügungen solche Verfügungen, „von denen anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen sein würde“ (§ 2270 Abs. 1 BGB). Dies ist „im Zweifel anzunehmen, wenn sich die Ehegatten gegenseitig bedenken oder wenn dem einen Ehegatten von dem anderen eine Zuwendung gemacht und für den Fall des Überlebens des Bedachten eine Verfügung zugunsten einer Person getroffen wird, die mit dem anderen Ehegatten verwandt ist oder ihm sonst nahe steht“ (§ 2270 Abs. 2 BGB).

Diese Voraussetzungen sah das OLG München nicht gegeben. Das Ehegattentestament aus dem Jahr 2004 war somit nicht bindend und die weitere Erbfolge richtete sich folglich nach dem Testament aus dem Jahr 2015. Da das Testament aus dem Jahr 2004 zur Frage der Wechselbezüglichkeit keine klaren Regeln enthalte, müsse das Testament ausgelegt werden. Da das betroffene Ehepaar kinderlos war und keiner der beiden Ehepartner mit dem eingesetzten Schlusserben verwandt war, greift die Auslegungsregel des § 2270 Abs. 2 BGB eben nicht und die Ehefrau konnte im Jahr 2015 zulässigerweise ein neues, das Tierheim nicht mehr berücksichtigendes Testament errichten. Um dies zu vermeiden, hätten die Eheleute im Jahr 2004 die Bindungswirkung der Schlusserbeneinsetzung ausdrücklich regeln müssen.

(Beschluss des OLG München vom 07. Dezember 2017, 31 Wx 337/17)

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